Kammerchor

Inniges Singen

Die Zeit um Allerheiligen ist immer auch jene Zeit der Konzerte, in denen die Totenmessen aufgeführt werden. Für die Mitglieder des Kammerchors Reutlingen gab es diesmal auch einen persönlichen Grund - zwei langjährige Ensemblemitglieder waren verstorben.

GÖNNINGEN Dem Andenken der beiden, in den vergangenen Wochen verstorbenen langjährigen Ensemble- Mitgiedern war der Abend in der Peter- und Paul-Kirche gewidmet. Dementsprechend hatte Chorleiterin Christa Feige mit Johann Sebastian Bachs Psalmkantate "Nach dir, Herr, verlanget mich" (BWV 150) und Maurice Duruflés Requiem - in der Fassung des Komponisten für Chor und Orgel - zwei Werke ausgesucht, die letztendlich zwei Perspektiven auf den Tod vorführen, dies jedoch auf der Grundlage einer gemeinsamen Hoffnung auf ein Leben "danach".
Denn bei Bach konzentriert sich diese Hoffnung auf das im Text sprechende Subjekt, das Warten auf die Rettung durch Gott ist hier "egozentrisch" formuliert, der Andere, ob lebendig oder tot, kommt kaum in den Blick, und wenn, dann als Negativfigur: "Lass mich nicht zuschanden werden, dass sich meine Feinde nicht freuen über mich" heißt es etwa im ersten Chorsatz dieser fühen Bach-Kantate.
In Duruflés, kurz nach dem Zweiten Wltkrieg vollendetem, Requiem hat sich diese Perspektive in mehrfacher Hinsicht verschoben. In dem zugrundeliegenden Text der lateinischen Toten-Liturgie geht es mehr um die ewige Ruhe der Anderen, die bereits tot sind; auch wenn, wie im "Libera me", die Bitte um ein gutes eigenes Ende nicht fehlt.
Zudem ist Duruflés Werk von größter innerer Ruhe getragen, trotz der so unheilvollen zeitgeschichtlichen Umstände, in denen es entstanden ist - während in Bachs lakonischem Frühwerk das Verlangen nach Gott oft schroffer und dringlicher klingt. Dieses Drängen war es, das der Kammerchor darstellte durch eine schöne, durchgängig textklare, auf Dauer jedoch etwas zu voluminöse Interpretation, durch die all das so eindrückliche Flehen immer wieder in einen etwas pauschalen Tonfall abglitt.
Dies gelang bei Duruflé besser - da war ein oftmals inniges Singen zu hören, das sich an entsprechender Stelle auch zurücknehmen konnte, im Benedictus-Abschnitt besonders, sowie im Agnus Dei. tur

Mit freundlicher Genehmigung der Reutlinger Nachrichten