Hoffnungsvoller, nicht so düster und drückend wie oft an diesem Datum, gestaltete
sich das Konzert am letzten Sonntag im Kirchenjahr in der Stiftskirche. Christa Feige
hatte die Herrenberger Jugendkantorei und den Reutlinger Kammerchor, die sie beide leitet,
zum Konzert vereint. Tatkräftig unterstützt wurden sie von einem eigens zusammengestellten
agilen Kammerorchester und Judith Looney an der Orgel.
VON STEFANIE BAUMANN
"In Ewigkeit" lautete die Überschrift des Programms mit zwei Werken des Zeitgenossen John
Rutter, einer Motette von Mendelssohn-Bartholdy und einer Orgelkomposition von Oliver
Messiaen. Geschickt hatte Feige die Aufgaben der beiden Chöre verteilt, nur im Schlusssatz
des Rutter-Requiems vereinigten sich die beiden Chöre. Die Motette "The Lord bless you and
keep you" von John Rutter brachte die Jugendkantorei der Stiftskirche allein zu Gehör.
Die klaren Stimmen interpretierten gefühlvoll das eingängige Segenslied, das als Zugae
nochmals erklang. Unterstützt durch die Orgel sangen die Jugendlichen bereits mehrstimmig
und rührten das zahlreich erschienene Publikum mit ihrer Darbietung.
Die älteste Komposition des Abends stand am Beginn. Der Reutlinger Kammerchor stimmte die
erste Strophe von Felix Mendelssohn-Bartholdys Motette "Aus tiefer Not schrei ich zu dir"
(op. 23, Nr. 1) an. Nach dem Eingangschoral schraubt sich polyphon der A-cappella-Gesang
nach oben und baut Spannung auf, bevor in der zweiten Strophe die jungen Herrenberger
Sänger unisono mit Orgelbegleitung beginnen (die Tenorarie übernehmend) und sich in der
dritten auffächern. Mit sonorem Männerstimmenklang beginnen die Reutlinger wieder in
der bewegten vierten Strophe, um in der fünften den von Martin Luther verfassten Text
homophon zu zelebrieren und schön ausklingen zu lassen.
Judith Looney, den Herrenbergern durch ihr einjähriges Praktikum noch bestens bekannt,
brachte das Frühwerk "Banquet celeste" (das himmlische Gastmahl) des 2002 verstorbenen
Olivier Messiaen zu Gehör. Mit sicherem Gefühl für Klangfarben registrierte sie die
Stiftskirchenorgel. Mit zarten, dunkel klingenden Streichregistern hebt sich aus immer
lauter und jäher klingenden Liegetönen eine strahlende Melodie, die nur in Abständen
getupft wird, heraus. Allmählich ebbt sie wieder ab und versinkt. Looney zeichnete das
Stück mit großer Ruhe und Souveränität.
Mit John Rutters Requiem klang der Abend besinnlich und tröstlich aus. Dirigentin Feige
hatte die Fassung für Kammerorchester, Orgel und Chor gewählt. Im 1985 etstandenen Werk
verarbeitet der Komponist den Tod seines eigenen Vaters. Dabei hält er sich nicht
völlig an den Ablauf der katholischen Totenmesse, sondern lässt Teile weg und fügt
andere aus dem anglikanischen "Book of Common Prayers" ein. Es entsteht ein stimmiges
Werk, in dem lateinische sich mit englischen Texten abwechseln. Das Cello (Rudi Teuffel)
übernimmt oft die Introduktion der Sätze, auch die Pauken und weiteres Schlagwerk
(Gregor und Damian Daszko) spielen eine wichtige Rolle.
Das wiegenliedartige "Pie Jesu" verlangt einen Solosopran, dem Silvia Riveros mit zarter
Höhe unverwechselbare Gestalt verlieh. Oboist Martin Boscheinen und Flötistin Carmen Weber
dialogisierten sensibel mit der Solistin oder den Chorstimmen. Ätherische Klänge steuerte
Bibiana Rost an der Haerfe bei. Christa Feige tauchte mit fließenden, tänzerischen
Dirigierbewegungen ebenfalls in die Musik ein und hatte alles gut im Griff. Ein sehr
fröhliches Sanctus mit Glockenklang stand dem besinnlichen Psalm 23 gegenüber, bevor
das "Lux aeterna" wieder an den rezitativischen Anfang zurückführte.
Nach langer Stille, in die passenderweise das Sechs-Uhr-Läuten fiel, brandete langsam
der wohlverdiente Beifall auf. Statt die Düsternis des Totensonntags zu betonen, hatte
man die Hoffnungsfreudigkeit und das Tröstliche des Ewigkeitssonntags in die
Herzen gesungen bekommen.
Mit freundlicher Genehmigung des Gäubote Herrenberg