Chornacht - Sechs Chöre in der Marienkirche
REUTLINGEN. Fast ein kleines Festival war es, das die Zuhörer am Samstag in der
Reutlinger Marienkirche erwartete. Mit den Kantoreien der Marienkirche, der Leonhardskirche
und der Mauritiuskirche, dem Reutlinger Kammerchor, dem Jazzensemble und dem Bachensemble
der Marienkirche hatten sich gleich sechs Chöre zum gemeinsamen Konzert zusammengefunden.
Zweck der Übung war einerseits, dem Chorgesang ein Podium zu geben. Darüber hinaus wurden
in der viereinhalbstündigen Chornacht Spendengelder für die Turmsanierung der Marienkirche
gesammelt.
Vor dem gemeinsamen Abschluss aller Chöre mit Abendliedern und -motteten von Melchior
Vulpius bis Max Reger traten die Ensembles einzeln oder - wie bei Johannes Brahms'
doppelchörigen »Fest- und Gedenksprüchen« - im Verbund auf. Die A-Cappella-Prunkstücke,
von Brahms für nationale Fest- und Gedenktage komponiert, wirken teilweise etwas sperrig,
wurden von den drei Kantoreien unter der Leitung von Michaela Frind aber stimmig und
ausdrucksstark gesungen - wenngleich das gotische Kirchenschiff akustisch nur bedingt
den passenden Rahmen dafür bot.
Zuvor hatte die Kantorei der Marienkirche mit dem Gloria und dem Credo aus Antonín
Dvoáks Messe D-Dur von der Empore herab den Abend eröffnet. Mit klanglicher Strahlkraft,
rhythmisch profiliert und dynamisch fein gearbeitet fiel der Lobpreis Gottes aus.
Das anschließende Glaubensbekenntnis, hörbar von böhmischer Seele und Volksmusik
inspiriert, war ganz Fülle und Intensität. Das Reutlinger Bachensemble unter Leitung
Eberhard Beckers machte mit einer geradezu mustergültigen Wiedergabe von Johann
Sebastian Bachs Motette »Jesu, meine Freude« seinem Namenspatron alle Ehre und wusste
zudem mit den fünf romantischen Chorliedern »V Pirode - In der Natur« von Dvoák zu
beeindrucken.
Unter den Titel »Wie bist du doch schön« hatte der Reutlinger Kammerchor
(Leitung Christa Feige) verschiedene Vertonungen des Hohelieds Salomos - von Melchior
Franck bis Ivan Moody - gestellt, die er beseelt darbot. Sabine und Peter Bethge
verbanden die Werke mit Rezitationen weiterer biblischer Liebeslyrik.
Mit Standards und Evergreens wie »Night and Day« oder »Guantanamera« brachten das
Jazzensemble und das Peter-Hermann-Trio schließlich das Publikum in der halb gefüllten
Marienkirche zum swingen. (cbs)
Mit freundlicher Genehmingung des Reutlinger Generalanzeigers