Konzert - Kammerchor singt unter Roman Schmid

Einstand mit Stern

REUTLINGEN-GÖNNINGEN. Der Kammerchor Reutlingen hat seit Januar einen neuen Dirigenten: Roman Schmid. Der Nachfolger von Christa Feige präsentierte sich jetzt in der Evangelischen Kirche Gönningen mit einem exquisiten Konzert, das A-cappella- Kompositionen vorwiegend alter englischer Meister zum Inhalt hatte.
Unter dem Motto »Sing to the Lord« bewegten sich die verschiedenen Psalmvertonungen, Anthems und Lieder, auf einer heilsgeschichtlichen Linie zwischen Passion und Ostern. Zwischen Leid, Tod und Auferstehung. Zwischen Trauer, Buße, Hoffnung und Danksagung. Gesprochene Kommentare zu den einzelnen Werken vertieften deren Verständnis. Die gelegentlich eingefügten - und hervorragend gesungenen - gregorianischen Psalmodien beförderten die geistliche Aura dieses Konzertes, das mit seiner liturgischen Ausrichtung und seiner Verdichtung von Wort und Musik selbst spirituelle Kraft entfaltet hat.

Auch unter seinem neuen Leiter, der ein gebürtiger Reutlinger ist, bleibt der Kammerchor der gewohnt klangschöne, durchsichtige und subtil agierende Chor, der fundiert gestalten kann und die alten englischen Meister mit Hingabe, Präzision und Würde in unsere Zeit holt. Der Kammerchor singt mit Stil und einem stetigen Leuchten, das nie gemacht wirkt. Wie überhaupt Roman Schmid nie heftig in die Musik eingreift, sondern sie aus sich selbst sprechen lässt. Mit Ruhe, klarer Übersicht und mit einem sicheren Sinn für Maß und Proportion.

Dicht und ernst vorgetragen

Die Werke von Henry Purcell wurden dicht und ernst und wie mit gebärdenreicher Polyfonie vorgetragen. Ergreifend in ihrem Bitten und Flehen aus der expressiven, oft chromatisch gespannten Harmonik heraus. Der Bußpsalm von William Cranford erklang schlicht. Geradlinig und innig wie auch das ihm folgende Werk von Richard Farrant. Intensiv in der Dynamik, weich und rund und wachsend im Klang das Anthem des Romantikers John Stainer.

Das österliche Alleluja bestimmte den zweiten Teil des Abends. Hier, bei den Werken der altenglischen Elite mit Thomas Morley, William Byrd, Thomas Tallis, Orlando Gibbons und John Dowland, darunter wahre Kostbarkeiten, ging ein Strahlen durch den Chor. Sein Klang atmete Freude, ohne je massiv zu werden. Man hörte es auch an der schönen Balance der einzelnen Register zueinander. Die Soprane dominierten nur ganz selten - dafür waren die Tenöre, wenn es etwa um einen cantus firmus geht, auf feine Weise präsent. Und alle Sängerinnen und Sänger, gut 30 an der Zahl, bildeten wie immer einen Chor mit Kompetenz und großer Persönlichkeit. (hdw)

Mit freundlicher Genehmingung des Reutlinger Generalanzeigers