Mozartmania im Storlach

REUTLINGEN. Er gaukelt und schaukelt, er rappelt und zappelt auf dem Stuhle hin und her. Herr Mehner, das gefällt uns sehr! Ein Zappelphilipp an der Orgel, ein Zappelphilipp am Dirigierpult: Christoph Mehner akzentuiert aufgeregt jede Nuance der Musik, die er spielt und dirigiert. Dass ihm an der Orgel bei solchem Schwung mal ein Patzer unterläuft, wäre ja zu erwarten. Doch jede Note sitzt!
Dass Mehner nicht nur mit viel Engagement den Reutlinger Kammerchor führt, sondern auch ein hervorragender Organist ist, wird gleich zu Beginn des Mozartkonzertes am Sonntag in der Peter- und Paulskirche im Storlach deutlich. In Mozarts C-Dur-Sonate hält er sich zu Beginn, trotz pulsierender Gestik, musikalisch taktvoll zurück. Der Konzertmeister der Württembergischen Philharmonie, Geiger Fabian Wettstein, macht mit Leichtigkeit den Auftakt dieser groß angelegten Kirchensonate, es folgen ihm routiniert und recht stoisch Tomoko Yanagaki an der zweiten Geige, Heiko Nonaka am Cello und Nanae Wettstein am Kontrabass. Die Musiker meistern das Stück mit großer Professionalität. Sie sind sehr auf Genauigkeit bedacht. In den letzten Takten tritt die Orgel als dominierendes Instrument hervor, Mehner greift ausdrucksstark in die Tasten.

Kyrie in d-Moll

Der Auftritt des Kammerchors beginnt erst mit dem zweiten Stück des Abends, mit dem vierstimmigen A-cappella-Chorsatz des Kyrie in d-Moll. Der Dirigent schlägt sehr deutlich den Takt, der Chor folgt ihm hingebungsvoll, der Rhythmus stimmt. Bemerkenswert ist bei dem Stück der Einsatz der Tenöre.
In einer der Litaniae Lauretanae, der Litaneien zur Verehrung der Gottesmutter, ist prägnant hörbar, dass der Chor in den Proben viel Stimmbildung praktiziert. Die O’s und K’s werden mustergültig akzentuiert, die kontrastreiche Litanei kommt so vortrefflich zur Geltung. Beachtlich ist hier die Darbietung des Tenorsolisten Florian Schenker, der trotz anfänglicher Atemnot sehr ausdrucksstark und einfühlsam im »Sancta Maria« ein schönes Crescendo zustande bringt. Schade, dass bei dem Stück Bassist Till Weibel nicht gut hörbar ist, dabei hat er, wie sich in der »Missa brevis« herausstellt, eine klare und feste Stimme mit expressiver und spannungsreicher Diktion.
Besonders zu erwähnen ist in der »Missa brevis« das Benedictus, ein Duett von Sopran und Alt, das von den Violinen obligat geführt wird. Sopranistin Christine Schlenker und Altistin Sabine Leopold gelingt dabei ein harmonisches, kunstvolles Zusammensingen. Die Register des Chores sind gut aufeinander abgestimmt, die kraftvollen Sopranstimmen drängen die in der Unterzahl liegenden Tenöre und Bässe nicht zurück, und auch das Orchester überzeugt durch seine unaufdringliche Art. Ein sehr ausgewogenes Zusammenspiel! (iwi)

Mit freundlicher Genehmingung des Reutlinger Generalanzeigers