Konzert - Kammerchor mit Dvorák in Eningen

Todesschatten und Jubeltöne

VON CHRISTOPH B. STRÖHLE

ENINGEN. Mit einem reinen Dvorák-Programm hat der Kammerchor Reutlingen am Samstag in der Eninger Andreaskirche sein Publikum beeindruckt. Im Mittelpunkt des geistlichen Konzerts stand die Messe in D-Dur op. 86 in der Orgelfassung, die der Chor unter der Leitung von Till Weibel und mit Christoph Mehner an der Orgel eindrucksvoll zu gestalten verstand.
Bereits beim Kyrie wurden das ausgeprägte Klangbewusstsein und die gut aufeinander abgestimmte Phrasierungskunst der Sängerinnen und Sänger deutlich, das gemeinsame Atmen und Deklamieren. Auch an exponierten Stellen, etwa beim »Christe eleison«, kam der Chor nicht ins Wanken.
Das Gloria hatte viel Glanz und rhythmisches Profil, beim »Gratias« war das Wechselspiel zwischen geteilten Frauen- und Männerstimmen makellos.
Inspiriert von böhmischer Volksmusik hat Antonín Dvorák das Credo der 1887 uraufgeführten Messe gestaltet. In der Wiedergabe durch den Reutlinger Kammerchor kamen die Feinheiten in Dynamik und Ausdruck zur Geltung. War das »Homo factus est« noch sanft und in sich gekehrt, tönte es beim »Crucifixus« scharf aus Chor und Orgel. Während das Sanctus sich klangintensiv und prächtig gab, war das Benedictus mit ausgeprägtem Orgelvorspiel voller Andacht.
In äußerster Zartheit verklang das Agnus Dei, in dem der Chor flehend die Bitte »Misere« formulierte und im »Dona nobis pacem« zu Trost und Zuversicht fand.

Trost und Halt

Organist Christoph Mehner hatte mit seinem differenzierten Spiel auch Anteil am Gelingen des zweiten Programmpunkts, bei dem Till Weibel als Sänger die zentrale Rolle zukam. Der Bariton aus Leonberg sang fünf der Biblischen Lieder op. 99, die Dvorák in einer für ihn schmerzlichen Zeit, Trost und Halt im Psalter suchend, schrieb.
Mit tragender, geschmeidiger, im Ausdruck wandlungsfähiger Stimme führte Weibel ins »Tal der Todesschatten« und zu Jubeltönen, wobei das menschliche Leiden im Hintergrund, der Wunsch nach einem Auf- und Angenommensein immer mitschwangen.
Expressiv leitete Mehner die Textpassage »Wolken und Finsternis hüllen sein Antlitz« auf der Orgel ein. Nach den Schlusszeilen, die »Gottes Ruhm und Ehre« in den Blick rückten, war die Stimmung hell und gelöst.
Die rund einhundert Zuhörer in der Andreaskirche spendeten reichen Applaus. (GEA)

Mit freundlicher Genehmingung des Reutlinger Generalanzeigers