Zehn Jahre Kammerchor unter Christa Feige
Kaum hat sich der Chor aufgestellt, geht auch schon ein Ruck durch Sänger und Dirigentin. Mit knappen, präzisen Anweisungen lotst Christa Feige den Reutlinger Kammerchor durch die Aufwärmrunde; dann ist man auch schon mittendrin in Peter Schindlers »Jazz-Messe«, die am kommenden Samstag um 20 Uhr in der Reutlinger Kreuzkirche aufgeführt werden soll. Heute ist der Komponist gekommen und begleitet am Klavier. Christa Feige dirigiert mit großen, schwungvollen Armbewegungen, ihr Blick fixiert konzentriert die Sänger. Mal eilt sie fordernd auf eine Stimmgruppe zu, dann kann sie aber auch wieder fröhlich auflachen.
Zehn Jahre arbeiten Dirigentin und Kammerchor nun schon zusammen. Geboren ist die temperamentvolle Musikerin 1966 in Nagold, in Heidelberg hat sie an der Hochschule für Kirchenmusik studiert. Einige Jahre hat sie auch in Helmuth Rillings berühmter »Gächinger Kantorei« mitgesungen. Ihr Mann ist Bezirkskantor in Herrenberg, an der dortigen Stiftskirche macht sie Chorarbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Im Januar 1994 dann die erste Probe mit dem Reutlinger Kammerchor. Schnell lernte das Ensemble die dynamische Dirigentin schätzen: ihre zupackende Art, ihre Kompetenz, aber auch ihr herzliches, mitreißendes Lachen. Sie wiederum hat das basisdemokratische Selbstverständnis des Chors schätzen gelernt, das aus der Zeit stammt, als er noch »PH-Chor« war - dadurch komme viel Eigeninitiative aus dem Chor. »Wo Forte und Piano gesungen wird, bestimme aber immer noch ich«, lacht sie.
Ungewöhnliche Programme sind seither zustande gekommen. Mit Tonne-Schauspielern und der Tänzerin Katja Erdmann-Rajski hat man zusammengearbeitet, alte und neue, geistliche und weltliche Musik gemacht, Konzerte mit Tanz und Rezitationen bereichert. Was waren nun für Christa Feige die beeindruckendsten Momente?, »Monteverdis Marienvesper«, antwortet sie wie aus der Pistole geschossen. »Die haben wir 1997 gemeinsam mit dem Oberndorfer Motettenchor in der Pfullinger MartinsKirche gesungen. Diese Vielstimmigkeit, dieser Klang: Das war sehr beglückend.«
Und die schwierigsten Momente in zehn Jahren? »Das war 1997 auf einer Konzertreise in Genua, als wir mit einem italienischen Orchester Vivaldi und Bach aufführten. Wir konnten kein Italienisch, sie konnten kein Deutsch. Die, die Englisch konnten, verstanden kein Französisch und umgekehrt. Aber wir haben uns trotzdem durcbgewurste1t!«
Was wünscht sie sich für die nächsten zehn Jahre: »Dass der Chor so kreativ bleibt, wie er ist. Dass wir mehr Tenöre kriegen! Und dass weitergeht, was gerade anfängt: dass die ersten »Chorkinder« aus der Familienfreizeit bereits bei den ,Erwachsenen mitsingen. Es wäre schön, wenn dieses zarte Pflänzchen weiter wächst.«