Ausbruch im Sanctus

Kammerchor mit der Jazz-Messe von Schindler

REUTLINGEN (toz). Eindringlich sanft begannen die Frauenstimmen das Kyrie. Begleitet von Tenorsaxophon, Flügel und Schlagzeug beeindruckte der Kammerchor Reutlingen mit den kantig-prägnanten Rhythmen des Gloria. Die einfalls- und abwechslungsreiche "Missa" von Peter Schindler gelang den Mitwirkenden am Samstag in der Kreuzkirche sehr zu Wohlgefallen des trotz Fußballübertragung rund 150-köpfigen Publikums.

Komponist Schindler selbst saß am Flügel, am Schlagzeug Markus Faller und der vorzügliche Jazzer Peter Lehel blies Bassklarinette, Sopran- und Tenorsaxophon. Wie das Vorwort im Programmheft belegrt, weiß Schindler von der umfangreichen und ehrwürdigen Tradition der zahlreichen Messvertonungen durch die Jahrhunderte, ließ sich aber von dieser Tradition nicht einschüchtern. Anklänge an Carl Orff (Carmina burana) und Mikis Theodorakis (Canto general) sind zu vernehmen, dazu kommen die vor allem von Lehel exzellent aufgebauten improvisatorischen Exkurse.

Probat das Verfahren, einzelne Abschnitte a cappella beginnen zu lassen und allmählich instrumental anzureichern, den Ausdruck zu intensivieren. Dirigentin Christa Feige verlangte und erhielt vom Chor geschmeidige Tempowechsel und feine dynamische Abstufungen. Den heftigsten, lautstärksten Ausbruch hatte sich Schindler für die Einleitung des Sanctus aufgespart, die den Instrumentalisten und den Sänger(inn)en überwältigend geriet. Der folgende Benedictus-Abschnitt kontrastierte, hielt die Mitte zwischen Adagio-Kantabilität und Jazz-Ballade, angestimmt in makelloser Klangschönheit von den Frauenstimmen und der Bassklarinette.

Die starken Momente im offenen, auf die musikalisch-improvisatorische Intelligenz von Peter Lehel angewiesenen Werk übewogen die wenigen schwachen, nur schematischen (wie etwa die Wiederholung der Zeile "sub Pontio Pilato" oder die etwas langfädig geratene Ausschmückung der "pleni sunt coeli"- Stelle). Ein Teil der Hörer(innen) hatte sich kirchenmusikwidrig gelegentlich zu Zwischenapplaus hinreißen lassen. Tosend und jubelnd klang der Schlussbeifall, den Anfang des Gloria sang der Chor als Zugabe.