Konzert - Haydns »Schöpfung« mit dem Kammerchor
REUTLINGEN: Das Haydn-Jahr 2009 - der Komponist starb am 31. Mai 1809 - begann in
Reutlingen gewichtig. Mit einer hochkarätigen Aufführung des Oratoriums »Die Schöpfung«,
für die es in der Kreuzkirche kräftigen Beifall gab. Christa Feige, die sichere und mit
sanfter Energie dieser Aufführung Frische und Würde verleihende Leiterin, konnte sozusagen
aus dem Vollen schöpfen. Denn die musikalische Symbiose von Kammerchor und Junger Sinfonie
erwies sich als ein starkes und inspirierendes Band, das Einheit und hohen Rang dieser
Wiedergabe garantieren konnte. Alles gelang auf stimmige und der Musik Haydns mit
Verständnis und großem musikalischem Gemeinsinn begegnende Weise.
Das Orchester ist ständig gefordert. Die von Rainer M. Schmid einstudierte Junge Sinfonie
hat, bis auf ein paar Kleinigkeiten, mit Konzentration und Hingabe und einer verbindlichen
Präzision musiziert - ausdrucksfähig, beweglich, klangschön, nie zu massiv und immer mit
einer natürlichen Spielfreude, die nichts auf die leichte Schulter nimmt, auch nicht die
oft so verniedlichten Klangmalereien, sondern die alles, was in der Partitur steht, mit
Schwung und Respekt aufnimmt und beherzigt. Sowohl im Tutti als auch bei den Solisten,
an deren erster Stelle wohl die Flöten zu nennen wären. Wunderbar auch die Kontinuität
bei den Streichern und ihre Weiträumigkeit im Ton - vom leisen Grau des Chaos bis zu den
innigen Regungen des Welt- und Menschenverstehers Haydn und bis zu dem druckvollen Elan
eines lang geführten Bogens bei den mächtigen Chören. Großartig.
Der Kammerchor hat auf profunde und mitreißende Weise gezeigt, dass er auch als
Oratorienchor seine Frau und seinen Mann steht. Er hat klangvoll und beherzt und manchmal
geradezu lustvoll prächtig gesungen. Technisch in gewohnter Weise topfit und mit
solcher Substanz und solch klanglicher Kreativität, dass Haydns Musik ganz nah und tief
und gläubig erfasst und wie ein Lobgesang ausgebreitet wurde. Vom strahlend explosiven
Vollglanz des Licht-Chores bis zur markanten Tiefenschärfe der brillant gesungenen Fugen.
Vom exakten Jubel der Finali der ersten beiden Teile bis zu den weichen Linien des dritten
Teils, und vom feinen Ausleuchten harmonikaler Gesten bis zu der von Christa Feige
packend aufgebauten klanglichen Großarchitektur des Schlusschores mit seinen
majestätischen Amen-Säulen.
Mit freundlicher Genehmingung des Reutlinger Generalanzeigers